Koffer packen, um Hass zu entgehen

Koffer packen, um Hass zu entgehen

Israel ist einmal mehr Zufluchtsort für Juden aus aller Welt. Meist ist es Angst vor Hass oder Krieg, die zur Alijah (Einwanderung nach Israel) treibt.

MODERNER EXODUS 2022 wanderten 44.631 Juden von Russland nach Israel ein, dazu 15.239 aus der Ukraine und 2.208 aus Belarus. Manche Historiker sprechen von einem „modernen Exodus“ – darunter Dr. Fred Wright, Kommunikationsdirektor der Organisation Ezra UK. Aber nicht nur die Angst vor Krieg, sondern auch zunehmender Judenhass in Europa spiegle sich in der Statistik wider und münde in eine neue Massenflucht nach Israel, betonte Dr. Wright gegen- über jüdischen Medien. 2022 zählte Israel insgesamt 76.261 Einwanderer (Olim).

Deutliche Worte findet der in Berlin lebende israelische Journalist Natan Scharanksy, Korrespondent der größten israelischen Zeitung Israel Hayom: „In Europa erleben wir den Anfang vom Ende der jüdischen Geschichte. Es gibt keine Zukunft für die Juden in Europa“, prophezeit er. Seinen Recherchen zufolge sank die jüdische Bevölkerung in Europa während der letzten 50 Jahre um 60 Prozent.

„JUDENFREI“ VORORTE Zum Beispiel Frankreich: Rund eine halbe Million Juden leben hier – die größte jüdische Gemeinschaft in Europa. Doch der zunehmende Judenhass treibt jedes Jahr tausende französische Juden zur Auswanderung. Davon wählten über 2000 Juden im Jahr 2022 Israel als neue Heimat. Oft geht der Alijah eine Flucht innerhalb Frankreichs voraus: Weil sich in Großstädten und Vororten der Hass auf Juden besonders deutlich manifestiert, ziehen viele französische Juden aufs Land. Mehr als 50.000 Juden haben in den letzten Jahren einen Umzug in Kauf genommen, weil ihre Wohngegend für Juden nicht mehr sicher war. Allein in Nizza sank die Zahl der jüdischen Bevölkerung von 20.000 auf 5.000. In Frankreich spreche man deshalb bereits von „ethnischer Säuberung“, berichtete die Tageszeitung „Die Welt“. 60 Prozent der französischen Juden befürchten, angegriffen oder beleidigt zu werden, wenn sie als Juden erkannt werden, ergab eine Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte. Die Mehrheit der Befragten sieht im radikalen Islam die größte Bedrohung.

ZWEIFEL AN ZUKUNFT Düster sieht es auch in Großbritannien aus: 2022 verzeichnete man landesweit 2.255 antisemitische Vorfälle – ein Plus von 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, laut Zahlen der Organisation Community Security Trust. Untersuchungen des Innenministeriums zeigen, dass es für Juden in Großbritannien 500 (!) mal wahrscheinlicher ist, Opfer von Hasskriminalität zu werden, als für Nichtjuden oder Mitglieder anderer Minderheiten. Die jüdische Gemeinde sei „entsetzlichem Hass“ ausgesetzt, gab die britische Innenministerin Priti Patel nach Bekanntwerden der Kriminalitätsstatistik in einer Pressemittei- lung zu. Bereits 2015 ergab eine Umfrage, dass 45 Prozent der britischen Juden glauben, in Großbritannien langfristig keine Zukunft zu haben. 619 Juden wan- derten 2022 von Großbritannien nach Israel aus.

 

ANTISEMITISCHE DENKMUSTER Auch in den Niederlanden sind antisemitische Denkmuster weit verbreitet. Fast 25 Prozent der unter 40-Jährigen relativieren den Holocaust und zweifeln an der offiziellen Geschichtsschreibung, ergab eine Studie der Jewish Claims Conference Anfang des Jahres. Laut einer Umfrage der Europäischen Agentur für Grundrechte sorgen sich 90 Prozent der Juden über zunehmenden Antisemitismus. 38 Prozent der Befragten gaben an, bereits über Auswanderung nachzudenken, vor allem nach Israel oder in die USA.

FLUCHT AUS MALMÖ In Schweden beklagen jüdische Organisationen eine Zunahme von Angriffen und Beleidigungen. Besonders offensichtlich tritt der Judenhass in Göteborg und Malmö auf. Immer wieder kommt es hier zu schweren antisemitischen Ausschreitungen mit Anschlägen auf Synagogen, judenfeind- lichen Demonstrationen und Überfällen. „Die Welt“ titelte: „Malmö vertreibt seine Juden“ und verwies darauf, dass die meisten Angriffe von Muslimen ausgehen. Die Zahl der Juden in Malmö sank laut Recherchen der Jüdischen Rundschau bereits deutlich – von 3.000 auf 600.

Insgesamt wanderten vergangenes Jahr knapp 4.000 Juden von Europa nach Israel aus – darunter 205 deutsche Juden. Zwischen Januar und August 2023 entschieden sich bereits 127 deutsche Juden für die Auswanderung nach Israel, neun Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2022.

Die ICEJ unterstützt bedürftige Juden bei der Alijah und hilft bei der Integration. Bitte helfen Sie uns bei dieser Aufgabe. Herzlichen Dank!