Triumph über das Böse

Dass es gelungen ist, Fuß zu fassen in der Gesellschaft, zu heiraten und eine Familie zu gründen, ist für Holocaustüberlebende ein sehr bedeutsamer Aspekt ihres Lebens – sie haben nicht nur überlebt. Und wenn ein Urenkelkind geboren wird, ist die Freude überwältigend. Es ist ihr persönlicher Triumph über Hitlers böse Pläne.

Freude über Urenkel

Im Haifa-Heim für Holocaustüberlebende der ICEJ konnten kürzlich zwei sichtlich aufgeregte Bewohner, Moshe und Chaya, beide 90 Jahre alt, ihre ersten Urenkel begrüßen. „Ich bin so glücklich“, freute sich Moshe. „Ich habe in meinem Leben viel gelitten, aber ich habe Gott gebeten, mich leben zu lassen, um mein erstes Urenkelkind zu sehen. Und jetzt habe ich sie gesehen und berührt. Was für eine Freude!“

Auch Chaya war die Begeisterung anzusehen, als sie ein Bild ihres ersten Urenkels zeigte. Da ihr Mann früh verstarb, zog Chaya ihre zwei Kinder alleine auf. Als ihr Sohn und ihre Tochter heirateten, hatten beide Paare Schwierigkeiten, Kinder zu bekommen. Nach einem Jahrzehnt erfolgloser Versuche adoptierten beide Paare Kinder. Zwei Jahre später wurde Chayas Schwiegertochter schließlich doch noch schwanger und bekam einen Jungen. So wurde Chaya mit vier Enkelkindern gesegnet, von denen jedes in einem anderen Land zur Welt kam – in Brasilien, Guatemala, Australien und zuletzt in Israel.

„Ich bin sehr glücklich und fühle mich gesegnet mit all meinen Kindern und Enkelkindern, und ich liebe sie alle,“ rief Chaya und strahlte: „Vor kurzem brachte meine Enkelin mein erstes Urenkelkind zur Welt. Ich kann die Freude, die ich empfinde, nicht in Worte fassen. Ich hoffe, dass Gott uns weiter segnen wird und unsere Familie weiter wächst. Ich danke ihm, dass er mir seine Gnade gezeigt hat.“

 

Sonne tanken

Viele Holocaustüberlebende, die aus der Ukraine zu uns kamen, sind aufgrund ihres Gesundheitszustands leider nicht mehr mobil. So auch Viktor und Sonja. Ohne Hilfe ist das betagte Ehepaar überwiegend an die Wohnung gebunden und könnte die neue Umgebung nicht kennenlernen. Deshalb lädt unser ICEJ-Team die Holocaustüberlebenden zu Ausflügen ein. Ein Ausflug führte das Ehepaar jüngst auf den Gipfel des Berges Karmel, von dem aus man einen atemberaubenden Blick auf den Hafen von Haifa hat. Bei einem anderen Ausflug brachten wir Viktor und Sonja zum Strand an das wunderschöne Mittelmeer.

Besonders Sonja, die nur selten nach draußen geht, genoss jede Minute dieser Ausflüge. Als wir den Aussichtspunkt am Berg Carmel erreichten, hob sie ihr Gesicht, um ein wenig Sonne zu tanken, und erfreute sich am Anblick der bezaubernden Landschaft. Später am Abend rief Viktor an, um sich noch einmal für die Freude zu bedanken, die unser Team seiner Frau damit bereiten konnte.

 

Sprache als neues Ziel

Auch Maya und ihr Mann flohen vor dem Krieg in der Ukraine. Mehr als ein Jahr ist inzwischen vergangen. Die ersten Monate waren schwierig, die Eingewöhnung in Israel fiel den betagten Einwanderern schwer. Maya war deprimiert und hatte weder die Energie noch die Lust, Hebräisch-Unterricht zu nehmen. Doch seit kurzem wächst auch in ihr der Wunsch, die Sprache zu lernen. Unsere ICEJ-Mitarbeiterin Maria hilft ihr, den Anschluss an die Lerngruppe zu finden. „Maya macht sich großartig", lobte Maria. „Sie hat einen scharfen Verstand.“ Die Seniorin wird schon bald mit den anderen Schülern mithalten können. „Der Hebräisch-Unterricht hat mir geholfen, mir ein neues Ziel im Leben zu setzen“, ergänzt Maya und schmunzelt: „Ich bin jetzt sehr beschäftigt und habe gar keine Zeit mehr, deprimiert zu sein.“

 

Sophies verschenkter Gewinn

Ganz neu im Programm des Haifa-Heims und bereits heiß geliebt: Unser wöchentliches Bingo-Turnier. Die Prämiere endete mit einer berührenden Geste.

95-jährige Siegerin

Die Heim-Bewohner saßen bei Kaffee und Kuchen zusammen und spielten Bingo. Trotz aller Gemütlichkeit – es wurde mit Ehrgeiz um den Preis gekämpft. Das erste Turnier endete mit einem klaren Sieg für unsere 95-jährige Sophie. Doch dann trat die Seniorin ihren Preis an Boris ab, den Zweitplatzierten, der erst vor kurzem mit seiner Frau Sveta aus der vom Krieg zerrütteten Ukraine nach Israel kam. „Sie sind neu in Israel, in unserer Heimat, und sie besitzen nicht viel", erklärte Sophie ihre freundliche Geste. „Ich selbst brauche nichts!“ Schöner hätte die Premiere nicht sein können.

Gemeinschaft

Der bunte Tagesablauf im Haifa-Heim bietet den betagten Bewohnern die Möglichkeit, sich auch weiterhin am Leben zu beteiligen und bewahrt unsere Holocaustüberlebenden vor der lähmenden Einsamkeit, mit der viele ältere Menschen in ihrer letzten Lebensphase zu kämpfen haben. Unter der liebevollen Betreuung des ICEJ-Teams teilen die Bewohner ihr Leben miteinander, vom täglichen gemeinsamen Essen im Speisesaal bis zu besonderen Feierstunden an Geburtstagen. Unser Team bemüht sich, das Leben der Bewohner auf verschiedene Weise zu bereichern. Manchmal mit unterhaltsamen Aktivitäten, mit Gesundheitsangeboten und Konzerten – oder einfach mit persönlicher Betreuung und Zeit für tiefgehende Gespräche.

Bitte unterstützen Sie das Haifa-Heim für Holocaustüberlebende mit einer Spende. Herzlichen Dank!